Irrationale Ängste

Seit Julias Geburt plagen mich regelmäßig Ängste und Sorgen um meine Kinder. Das war bei meinem ersten Kind nicht der Fall. Da war ich sehr entspannt und glücklich. Das änderte sich prompt nach Julias Diagnose. Ab da begann ein Leben voller Sorgen und Ängste. Berechtigte Ängste. Dass, ein Kind mit einer schweren- und mehrfach Behinderung Sorgen bereitet, liegt ja wohl auf der Hand. Diese Sorgen übertragen sich aber auch automatisch auf die Geschwister. Damals auf meinen Sohn. Überall sah ich Unfälle, Krankheiten und Gehirnschaeden. Kein Wunder, wenn man andauernd in Krankenhäusern sitzt und sich tagein und tagaus andere Leutes Schicksalsschläge anhört. Da kriegst du eine Scheiss Angst, das sag ich dir. Plötzlich erscheint dir deine schöne Welt bedrohlich und gefährlich. Hinter jeder Ecke lauert eine Wirbelsäulen Verletzung oder eine Gehirnhautentzuendung, ausgelöst von einer Fieberblase. Das kommt vor, das weiß man, trotzdem sollte das nicht im Vordergrund stehen. Ich habe überall Rollstühle und Fieberblasen gesehen. Ungefähr so, wie schwangere Frauen überall andere Schwangere sehen. Oft habe ich mich selbst zur Ruhe ermahnt. Es wurde besser. Ich passte mich an die neue Lebenssituation an und mit der Zeit rückten die („unnötigen“) Sorgen in den Hintergrund und mein Leben wurde wieder von mehr „vernünftigen“ Sorgen begleitet.

#epilepsie

Das änderte sich schlagartig mit der Schwangerschaft meines dritten Kindes. Diese Schwangerschaft konnte ich wahrlich nicht genießen. Ich machte mir Sorgen, ob dieses Kind gesund sein würde. Es wurden auch viele Fragen gestellt. Als ob ich mehr wüsste und hellsehen könnte. Andere wiederum fragten mich doch glatt was ich mir denn dabei denke noch ein Baby zu bekommen, wo ich ja eh schon ein „schlechtes“ Kind habe. Das wurde mir ins Gesicht gesagt. „Wie stellen Sie sich das vor?“, „Und was, wenn das jetzt auch was hat?“, waren nur ein paar der Frage – Highlights. Wenn man so besorgt war, hätte man doch Unterstützung anbieten können, aber nein, blöd daherreden ist halt einfacher. Es ist einfach, Oberwasser zu haben, wenn man sich nicht beweisen muss. Darunter Nachbarn, irgendwelche Bekannten etc. Es war niemand darunter, den es wirklich etwas anging. Nur Fremde, die der Meinung zu sein schienen, sich einmischen zu müssen. Mitgefühl – Fehlanzeige. Wie soll man sich da keine Sorgen machen? Ja, das hat mich alles sehr aufgebaut, danke für Nichts!

Und nach der Geburt ging es richtig los. Ich hatte ständig Angst, dass dem Baby etwas zustoßen könnte. Krankheit (Fieberblasen), Unfälle etc. An dieser Stelle muss ich noch erklären, dass es Julia gesundheitlich sehr schlecht ging. Das war kurz nach der Implantation des Vagusnervstimulators. Mein Kind war nur noch körperlich anwesend, geistig nicht. Sie war weg. Die moderne Medizin hatte mir mein Kind genommen, im Namen der Wissenschaft. Wie belastend das war kann ein Außenstehender bestenfalls erahnen.

Ich war damals nicht ich selbst. Ich war fertig, mit wenig emotionaler Unterstützung. (Meinem Ehemann ausgenommen) Ich konnte ja mit Keinem reden, weil ich dauernd auf Mitleid oder Unverständnis gestoßen bin. Das war sehr schwer, um nicht zu sagen unerträglich. Trotzdem bin ich auch aus diesem Tief herausgekommen. Vor allem, weil ich meine Energie in die ketogene Diät gesteckt habe. Und dieser Erfolg hat mich wieder gestärkt.

Ich mache mir noch immer genug Sorgen, aber sie bestimmen mein Leben nicht mehr. Ich würde gerne sagen, dass ich das alles anders machen würde, aber das kann ich nicht.

Das Ich von damals hat mich zu dem Menschen gemacht der ich heute bin.

Eine glückliche Frau mit einer fabelhaften Familie.

Dankeschön, liebes Leben! Ich bin dir dankbar.

Damals

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